Historische Aufnahme aus den 70er Jahren

Modellstadt der Moderne

Konzerne fordern Bauland

Um 1955

Mitte der 1950er Jahre, als die Not der Nachkriegsjahre gelindert war, stieg im Zuge des wirtschaftlichen Aufschwungs in der Bundesrepublik der Bedarf an Büroflächen. In vielen Städten wurden die Innenstädte für die großen Unternehmen und Verwaltungen zu klein. So auch in Hamburg. Unternehmen müssen zusätzliche Flächen für ihre Mitarbeiter anmieten. Innerstädtischer Wohnraum wird in Büroflächen umgewandelt. Zehn bis 15 Niederlassungen sind keine Seltenheit. Die Wege sind lang, die Kommunikation schwierig. Unter diesen Umständen entscheiden sich viele Großkonzerne für den Neubau von Verwaltungsgebäuden und fordern von der Stadt ein geeignetes Baugrundstück. Wird ihnen dieses verweigert, drohen einige Konzerne, Hamburg zu verlassen. Die Bedeutung Hamburgs als wichtiger Dienstleistungsstandort steht auf dem Spiel.

Bild: Beengtes Arbeiten in der Innenstadt um 1955. © Hamburgisches Architekturarchiv

Die Idee einer „Zweiten City“

1957

Werner Hebebrand, Oberbaudirektor in Hamburg von 1952 bis 1965, kam 1956 während einer USA-Reise auf die Idee einer „Zweiten Stadt“. Dort besuchte er unter anderem New York. Die Stadt hatte bereits mit weitaus größeren Expansionsproblemen zu kämpfen. Fasziniert von der Ausdehnung von Upper Manhattan rund um den Central Park, suchte der Oberbaudirektor nach einer vergleichbaren Alternative für die neue Geschäftsstadt in Hamburg. Um jeden Preis will er die Hamburger Innenstadt erhalten. Im Januar 1957 weiht Hebebrand zunächst nur wenige Personen aus seinem engsten Umfeld in seine Idee ein.

Bild: Werner Hebebrand (Mitte) mit Paul Nevermann (links) und Albert Vietor (rechts). © Hamburgisches Architekturarchiv

Das ideale Areal

1959

Auf der Suche nach einem geeigneten Standort für die neuen Verwaltungsgebäude fällt der Blick auf ein 117 Hektar großes Areal nördlich des Stadtparks. Werner Hebebrand war schon 1958 von diesem Standort begeistert. Das Gelände gehört damals der Stadt und beherbergt 4.300 Menschen in 1.250 Behelfsheimen und 1.850 Kleingärten. Nach zähen Verhandlungen werden für diese Menschen Ersatzwohnungen zu erschwinglichen Mieten und neue Kleingärten geschaffen. Am 14. August 1959 stellen Werner Hebebrand und Bausenator Paul Nevermann dem Hamburger Senat die Pläne für eine neue Geschäftsstadt vor. Unter dem Vorsitz von Bürgermeister Max Brauer wird sofort ein Beschluss gefasst. Die City Nord wird gebaut!

Bild: Die Karte aus den 1950er Jahren zeigt das Kleingartengelände auf dem Areal der zukünftigen City Nord. Die Stadtautobahn ist per Hand eingezeichnet. © Archiv GIG City Nord GmbH

Der Aufbauplan

1960

Am 16. Dezember 1960 erhebt die Hamburger Bürgerschaft den Aufbauplan 1960 zum Gesetz. Er ersetzt den alten Aufbauplan vom 20. Juli 1950. Herausragender Bestandteil ist das Projekt City Nord. Maßgeblich beteiligt an der Planung der City Nord, die im Bebauungsplan „D 100“ festgeschrieben wird, sind unter der Leitung von Werner Hebebrand: Christian Farenholtz, Gerhard Dreier und Hans Dieter Luckhardt.

Bild: Der Aufbauplan von 1960. © Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt

Der Durchführungsplan „D 100“

1961

Der Durchführungsplan „D 100“ setzt den Rahmen für die Bebauung der City Nord und definiert die Gestaltung, Struktur und Funktion der Grundstücke. Innerhalb des Rahmens, der unter anderem die Dichte und Höhe der Bebauung sowie die Anzahl der Stellplätze beschreibt, haben die Bauherren bei der Planung ihrer Gebäude Gestaltungsfreiheit nach ihren Bedürfnissen. Zur Qualitätssicherung sind jedoch Architekturwettbewerbe vorgeschrieben. Der Bebauungsplan wird am 19. Juni 1961 beschlossen.

Bild: Der „D 100“. © Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt

1. Bauabschnitt

1964 - 1971

Der Startschuss für den Bau der City Nord fällt im Osten. Im April 1963 finden die ersten Wettbewerbe statt. Ab 1964 nimmt die City Nord langsam Gestalt an. Die ersten elf Unternehmen, darunter die städtischen Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW), die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG), die Landesversicherungsanstalt (LVA) und die Landesbank Hamburg, beziehen ihre neuen Verwaltungsgebäude. Weitere große Unternehmen sind Exxon Mobil und BP.

Bild: Luftaufnahme aus dem Jahr 1970. © Hamburgisches Architekturarchiv

Die „Mitte“

1968-1981

Für das zunächst groß angelegte Ziel, im Zentrum der City Nord ein überregionales Versorgungszentrum zu schaffen, das in der weiteren Planung zu einem regionalen Versorgungszentrum für die Beschäftigten zurückgestuft wird, finden sich in der Entstehungszeit der City Nord weder ein konkretes Konzept noch Investoren. Nach mehreren Anläufen wird eine Rahmenplanung für diesen Bereich erstellt. Ein Architektenwettbewerb wird wegen der Ansammlung verschiedenster Einrichtungen nicht durchgeführt. Als erste Bauten entstehen im Süden das Esso-Motor-Hotel (1968-1969), das BP-Parkhaus (1969), das Postamt (1970-1974) sowie Büros, einige Wohnungen und Läden des Deutschen Rings und der Investoren Eberhardt & Kruse sowie Helmut und Hannelore Greve (1968-1972). Der nördliche Bereich, der fast ausschließlich der Firma Prof. Dr. Greve gehört, wird 1980 fertiggestellt.

Bild: Das Zentrum um 1980. © Hamburgisches Architekturarchiv

2. Bauabschnitt

1971-1977

Der Bau der City Nord läuft auf Hochtouren. Bereits im September 1965 sind sieben der insgesamt zehn Grundstücke für den zweiten Bauabschnitt im Westen verkauft. Hier bauen nun die Oberpostdirektion, Treuarbeit, Edeka, Hamburg-Mannheimer Versicherung, Shell und Texaco. Der Fußgängerverkehr ist vom Autoverkehr getrennt. Die Fußgänger bewegen sich auf einer erhöhten Ebene über Plattformen und Brücken. Unter den Plattformen befinden sich die Garagengeschosse der Unternehmen.

Bild: Luftaufnahme der westlichen City Nord 1974. © ERGO Group

Anbindung an den Schienenverkehr

1974

Bereits in den 50er Jahren wurden Pläne für eine neue U-Bahn-Linie, die U4, diskutiert. Sie sollte den Osten Hamburgs mit dem Westen verbinden - zwischen Bramfeld und Altona - und auch die City Nord im Norden und Südwesten anbinden. In den siebziger Jahren wurde die City Nord mit dem U-Bahnhof Sengelmannstraße an die U1 angeschlossen. Das lange Jahre ungenutzte nördliche Bahnsteiggleis der Haltestelle Sengelmannstraße war Zeugnis der nicht realisierten U4. Schuld daran war die Finanzpolitik, die 1974 zu einer Regierungskrise und in deren Folge zu Neuwahlen führte. Der neu gewählte sozialliberale Senat unter dem neuen Bürgermeister Hans-Ulrich Klose beschloss ein umfassendes Sparprogramm, das sich auch auf den U-Bahn-Bau auswirkte.

Bild: Die Zeichnung aus den 1970er Jahren zeigt die Trassenplanung für den östlichen Abschnitt der geplanten U4 vom Hauptbahnhof über Borgweg durch den Stadtpark bis zur U-Sengelmannstraße. © HOCHBAHN

3. Bauabschnitt

1975-1991

Baulich ist die City Nord 1975 zur Hälfte fertiggestellt. 20.000 Menschen arbeiten in der Bürostadt. Zeit für eine Bilanz. Kritiker sprechen von „Betonstadt“, vom „Scheitern“ und werten die City Nord als „steril“ und „tot“ ab. Andere verteidigen das Modell und sehen in der Konzentration von Bürogebäuden, die auf Wunsch der Unternehmen entstanden, technische Errungenschaften wie Fernkälte und Fernwärme. Dennoch ist der Bauwille vorerst gebremst. In der nördlichen City Nord sind Tchibo und IBM Ende der siebziger Jahre zunächst die einzigen Unternehmen, die ihre Neubauten beziehen. Das letzte Gebäude, das Hewlett Packard Haus, wird erst 1991 fertiggestellt.

Bild: Luftaufnahme mit Sicht auf den Norden der City Nord um 1980. © Tchibo

City Nord Park

1977

Bereits in der ersten Planung der Bürostadt von 1959 ist die Grundstruktur des City Nord Parks enthalten. Er wird integraler Bestandteil des „D 100“. Es war die Idee des Architekten Hans Dieter Luckhardt, das Grün des Stadtparks bis in die Bürostadt hinein zu verlängern. 1964 wurde ein landschaftsarchitektonischer Wettbewerb ausgeschrieben, aus dem Günther Schulze als Sieger hervorging. Sein Freiraumplan von 1967 sieht Wasserbecken vor, die jedoch aus Kostengründen nicht realisiert werden. 1975 legte er die endgültige Grünplanung vor: Blockartige Pflanzgruppen, -reihen und -alleen im Kontext einer streng geometrischen Wegeführung stehen im Kontrast zu den mit homogenen Mulden und Hügeln gestalteten Rasenflächen. Ruhezonen mit Bänken, Rosenbeeten und Abgrenzungen aus Sichtbeton bilden die erholsamen Aufenthaltsbereiche des Parks. Der Park wird 1977 fertiggestellt. Die öffentliche Grünfläche umfasst 100.000 Quadratmeter.

Bild: Der City Nord Park Ende der 1970er Jahre. © Hamburgisches Architekturarchiv

Erstes Bauvorhaben ohne Architektenwettbewerb

1984

Auf einem der letzten freien Grundstücke in der City Nord weichen die Beteiligten von den Vorgaben der Bürostadt ab. Nixdorf sieht für sein neues Verwaltungsgebäude ein selbst entwickeltes Bürokonzept vor, das seit den 70er Jahren weltweit bei allen Bauten des Paderborner Computerunternehmens zur Anwendung kommt. Es entsteht ein immer gleicher Gebäudetyp mit immer gleichem Bürokonzept und hohem Wiedererkennungswert. Die Stadt verzichtet auf den vorgeschriebenen Architektenwettbewerb. Nixdorf ist auch das erste Unternehmen in der nördlichen City Nord, das den Eingang auf Straßenniveau und nicht auf die erhöhte Fußgängerebene legt. Sein Bauvorhaben gibt den Anstoß, das Hochplateau im Norden aufzugeben und teilweise zurückzubauen. Heinz Nixdorf stirbt 1986 und erlebt die Fertigstellung nicht mehr. Die Firma Nixdorf existiert heute nicht mehr. Das Haus gehört inzwischen der Polaris Immobilienmanagement GmbH, einer Tochtergesellschaft der maxingvest GmbH & Co. KGaA.

Bild: Das ehemalige Nixdorf-Gebäude. © Sylvia Soggia

B-Plan „Winterhude 7“

1987

Bereits Ende der 1970er Jahre kämpfen die Unternehmen in der City Nord erneut mit dem Problem der räumlichen Enge. Die im „D 100“ festgesetzte Geschossflächenzahl von 1,5 erweist sich als zu niedrig. Um neue Entwicklungschancen für die City Nord zu sichern, leitet der Hamburger Senat am 10. März 1981 das neue Bebauungsplanverfahren „Winterhude 7“ ein. Nach vielem politischen Hin und Her wird „Winterhude 7“ am 22. Mai 1986 rechtskräftig.

Bild: Ausschnitt aus dem B-Plan „Winterhude 7“. © Bezirksamt Hamburg-Nord

Schwierige Zeiten

Die späten 1980er Jahre

Die Energiekrisen 1973, 1974 und 1979 führen zu einer Stagnation der Wirtschaft und einem Anstieg der Arbeitslosigkeit. Vor allem die Mineralölkonzerne wie Esso, BP und Deutsche Texaco (heute DEA) bauen Personal ab. Zudem ersetzt der Einzug der elektronischen Datenverarbeitung viele Routinetätigkeiten und damit zahlreiche Arbeitsplätze. Ende der 1980er Jahre gibt es in der City Nord 295 Unternehmen mit rund 20.000 Beschäftigten - 10.000 weniger als zehn Jahre zuvor.

Bild: Blick auf die östliche City Nord um 1980. © Hamburgisches Architekturarchiv

Der Ruf ist ruiniert

Die 1990er Jahre

Die Grenzöffnung 1989 befreit Deutschland aus der Wirtschaftskrise und sorgt für eine Belebung des Büromarktes. Die Stadt Hamburg bemüht sich um die Ansiedlung neuer Industrie- und Gewerbebetriebe und erschließt ein neues Baugebiet - die City Süd. Im Glanz dieses neuen Büroquartiers scheint der Ruf der City Nord fast ruiniert. Die Medien spiegeln ein immer gleiches Meinungsbild wider: Die Bürostadt im Norden ist trist und leblos. Die Großsiedlungen der 1960er und 1970er Jahre werden negativ bewertet, die Architektur gilt als nicht mehr zeitgemäß, die Gebäudetechnik als veraltet.

Bild: Großraum in der ehemaligen Haus der Landesversicherungsanstalt (LVA). © GIG City Nord GmbH

Neugestaltung der City Nord?

1999

Das schlechte Image veranlasst Architekturstudierende der Fachhochschule Hamburg (heute Hochschule für Angewandte Wissenschaften), sich mit der Erneuerung der City Nord zu beschäftigen. Es entstehen Pläne für ein gemischtes Quartier mit neuen Wohnungen. Ihr Appell zeigt Wirkung. Im Februar 1999 fordert die Bürgerschaft den Senat auf, neue Perspektiven für die City Nord zu entwickeln. Das Leitbild einer funktional vom Wohnumfeld getrennten Bürostadt wird offiziell in Frage gestellt.

Bild: Ehemalige LVA (vorn) und Ursprungsbau der Nova Versicherungen (heute Signal Iduna). © Archiv GIG City Nord GmbH

Bestandsanalyse des Senats

2000

Entgegen aller Kritik bescheinigt die vom Senat im August 2000 vorgelegte Bestandsanalyse der City Nord „gute Marktchancen“ und „Entwicklungsperspektiven“. Demnach ist die Bürostadt wegen ihrer Nähe zum Flughafen, zur Innenstadt und zum Stadtpark nach wie vor ein gefragter Standort. Eine mögliche Bebauung der öffentlichen Grünflächen schließt der Senat aus. „Ein Großteil der Grünflächen hätte aufgegeben werden müssen, um überhaupt eine gewisse Nutzungsmischung zu erreichen“, heißt es in der Senatsvorlage. Damit wäre ein „konstitutives städtebauliches Qualitätselement“ der City Nord verloren gegangen.

Bild: Eine mögliche Bebauung des City Nord Parks schließt der Senat aus. © Sylvia Soggia

Leerstand

Um 2000

Negativ in die Schlagzeilen geriet die Verlagerung einiger Unternehmenszentralen in andere Stadtteile oder Städte. So verlässt Shell zur Jahrtausendwende 1999/2000 die City Nord, BP und Telekom folgen 2001, die Landesversicherungsanstalt (LVA) und IBM 2002. Aber es werden auch Flächen neu vermietet oder neu gebaut. Und entgegen allen Unkenrufen bewegt sich der Leerstand in dieser Zeit im Durchschnitt des Hamburger Immobilienmarktes.

Bild: Im Jahr 2001 verlässt BP seine Zentrale. Für dieses Haus findet sich keine neue Nutzung. © Sylvia Soggia

Sanierungsbedarf

Die 2000er Jahre

Die meisten Häuser in der City Nord sind um die 30 Jahre alt. Der Eindruck, dass sich in dieser Zeit in der City Nord nichts verändert hat, täuscht. Viele Gebäude wurden im Laufe der Jahre immer wieder an neue technische Anforderungen angepasst. Weitgehend unbemerkt blieb, dass Tchibo seine Hauptverwaltung von 1996 bis 1998 kernsanierte und um zwei Etagen aufstockte. Mit dem „Silberling“ entstand Mitte der neunziger Jahre ein Neubau in der westlichen City Nord. Dennoch: Vielerorts sahen die Unternehmen sehr wohl die Notwendigkeit tiefgreifender baulicher Veränderungen. Zu Beginn des neuen Jahrtausends bekunden sie gegenüber dem Senat ihre „große Mitwirkungsbereitschaft an einem langfristigen Transformationsprozess“.

Bild: Die westliche City Nord. Links das ehemalige PwC-Haus und rechts der „Silberling“. © Sylvia Soggia

Gründung der GIG

2000

1999 schlossen sich Vertreter einiger Unternehmen zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammen und gründeten ein Jahr später die „Grundeigentümer-Interessengemeinschaft City Nord GmbH“. Ihr Ziel: Die City Nord als entwicklungsfähigen und zukunftsträchtigen Immobilienstandort zu stärken und die Bedingungen für die Menschen vor Ort zu verbessern. Seit dem 16. Oktober 2015 firmiert die Gesellschaft unter dem Namen GIG City Nord GmbH". Die GIG versteht sich als Interessenvertretung aller in der City Nord ansässigen Unternehmen - Eigentümer wie Mieter, die die Arbeit der Gesellschaft unterstützen. GIG enthält nicht mehr den Begriff Eigentümer, sondern ist als Wortspiel mit dem englischen Wort gig (deutsch: Auftritt) zu verstehen. Bis heute setzt sich die GIG mit großem Engagement für die Weiterentwicklung der City Nord ein.

Montage: Das GIG-Logo in den Jahren 2000-2011, 2009 (50 Jahre City Nord) und 2011-2018 (von oben nach unten). 

Die Wende kommt schleichend

2001

Mit dem 2001 fertiggestellten Neubau der Signal Iduna am Kapstadtring 8 beginnt eine große Sanierungs- und Modernisierungswelle in der City Nord. Im Jahr 2003 folgen die Kernsanierung und Aufstockung des Gebäudes „Haus der Wirtschaft“ sowie der Neubau für die damalige HanseNet. 2004 entsteht das neue „Oval Office“ an der Stelle der Landesversicherungsanstalt (LVA) im Osten der City Nord. Gleichzeitig werden umfangreiche Sanierungsmaßnahmen u.a. in den Häusern EDEKA, ERGO, Tchibo, Vattenfall (heute Arne Jacobsen Haus), LOTTO Hamburg sowie im ehemaligen Queens Hotel (heute Leonardo) durchgeführt.

Bild: Signal Iduna realisiert den ersten Neubau im Osten der City Nord. © SIGNAL IDUNA

Das Denkmalschutzamt wird erstmals aktiv

2001

Die verschiedenen Initiativen, die City Nord grundlegend zu verändern, riefen bereits 2001 das Denkmalschutzamt auf den Plan. Der Bürostandort als Gesamtanlage sowie acht Einzelgebäude von besonderem Rang sollen unter Denkmalschutz gestellt werden. Die Eigentümer sind damit nicht einverstanden. Sie befürchten, dass eine Unterschutzstellung die notwendige Modernisierung der Gebäude erschweren würde. Der Konflikt wird im Juli 2003 beigelegt. In einem Schreiben erklärt der damalige Bürgermeister Ole von Beust, dass die City Nord „vorerst“ nicht unter Denkmalschutz gestellt wird. Im Gegenzug verpflichten sich die Eigentümer, den Charakter der City Nord zu erhalten und die Bebauung nicht zu verdichten.

Bild: Bereits Ende der 1970er Jahre zog die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft aus ihrem Gebäude aus. Das Denkmalschutzamt hätte das Gebäude gerne unter Schutz gestellt. 2004 folgt der Abriss. © GIG City Nord GmbH

Abriss und Neubau

2004

Der Abriss der Landesversicherungsanstalt (LVA) am Überseering 10 und der Neubau des „Oval Office“ an gleicher Stelle beschreiben den sukzessiven Abschied von überkommenen Großraumstrukturen, die vor allem in der östlichen City Nord in den folgenden Jahren neuen Arbeitswelten in Form von „Open Space“ oder „New Working Places“ weichen werden. Das Oval Office ist das erste Beispiel dafür, dass man sich nicht mehr an die ursprünglichen Baulinien halten muss, die einst die ersten Gebäude in der City Nord bestimmten. Und noch etwas ändert sich: Bereits 2003 wurde das Haus am Überseering 33a als Mietobjekt für HanseNet errichtet. Das „Oval Office“ ist nun das zweite Bürogebäude in der City Nord, das als reines Vermietungsobjekt und nicht für den Eigenbedarf gebaut wird. Die Aspekta Versicherung, die das „Oval Office“ 2004 bezogen hat, ist nicht Eigentümer des Gebäudes, wie es bisher fast ausnahmslos bei den anderen Solitären in der City Nord der Fall war.

Bild: Das „Oval Office“ ersetzt das ehemalige Gebäude der LVA. © Sylvia Soggia

Erster ausgegliederter Bebauungsplan

2006

Im Jahr 2006 wird der Bebauungsplan „Winterhude 39“ öffentlich ausgelegt. Er gliedert das Grundstück Überseering 2, auf dem sich die BP-Hauptverwaltung befindet, aus dem B-Plan „Winterhude 7“ aus, um hier eine neue, dichtere Nutzung zu ermöglichen. Das BP-Haus steht zu diesem Zeitpunkt bereits leer, die Abrissgenehmigung liegt vor. Bis zur Umsetzung des Vorhabens sollten jedoch noch acht Jahre vergehen.

Bild: Auszug aus dem B-Plan „Winterhude 39“, © Bezirksamt Hamburg-Nord

Die erste Kita

2006

Mit der „Kita City Nord“ initiiert die GIG die erste Betriebskindertagesstätte in der City Nord. Sie ist ein in Hamburg einmaliges Gemeinschaftsprojekt von Unternehmen, einem Kita-Träger und der Stadt Hamburg. Sieben Unternehmen aus der City Nord übernehmen den größten Teil der Baukosten für die Kita. Die Stadt Hamburg verpachtet das 3.300 Quadratmeter große Grundstück am Überseering/Manilaweg an die Elbkinder - Vereinigung Hamburger Kitas gGmbH, die damalige Bauherrin und bis heute auch Betreiberin der Kita. In Anlehnung an die Entstehungsgeschichte der City Nord wird ein Architektenwettbewerb ausgelobt. Im Dezember 2006 eröffnet der damalige Hamburger Bürgermeister Ole von Beust die neue Einrichtung, die für die Betreuung von 60 Kindern ausgelegt ist. Nur drei Jahre später wird die Kita um weitere 40 Betreuungsplätze erweitert.

Bild: Kita City Nord. © Sylvia Soggia

Bezirk beruft Arbeitsgruppe

2007

Das Bezirksamt Hamburg-Nord hat einen Arbeitskreis ins Leben gerufen, um auf Bezirksebene gemeinsam mit Politikern, Vertretern der Wirtschaft und der GIG die Situation der City Nord zu analysieren und ihre zukünftige Entwicklung zu diskutieren. Folgende Leitziele wurden erarbeitet: 1) Sicherung des Leitbildes „Bürostadt im Grünen“. 2) Sicherung des Parks in seiner ursprünglichen gestalterischen Qualität. 3) Planungsrechtliche Öffnung zur Sicherung der Nachnutzung der Bürogebäude. 4) Verträgliche Nutzungsergänzung und bauliche Nachverdichtung mit ergänzenden Nutzungen. 5) Stärkung der „Mitte“ (Zentrale Zone). 6) Stärkere Vernetzung der City Nord mit ihrem Umfeld. 2008 gibt der Bezirk Hamburg-Nord die Erarbeitung eines Masterplans City Nord in Auftrag.

Bild: Abschlussbericht der Arbeitsgemeinschaft, © Bezirksamt Hamburg-Nord

Hamburg begräbt Planungen für Stadtbahn

2011

Nachdem vor 27 Jahren in Hamburg die Pläne für die damals neue U-Bahnlinie 4 begraben wurden, hat der Hamburger Senat nun auch die geplante Hamburger Stadtbahn abgesagt. Die Stadtbahn sollte das bestehende S- und U-Bahn-Netz ergänzen und befand sich bereits im Planfeststellungsverfahren, als der neue Erste Bürgermeister Olaf Scholz nach der gewonnenen Bürgerschaftswahl am 5. April 2011 die weiteren Planungen stoppte. Stattdessen soll der Busverkehr ausgebaut werden. Vorausgegangen war ein jahrelanges politisches Hin und Her um die Planung einer Stadtbahn, bei dem erst die CDU nach dem Regierungswechsel die Ziele des rot-grünen Senats ausbremste (2001) und schließlich die SPD das Projekt, das diesmal die GAL in ihrem Koalitionsvertrag mit der CDU vorangetrieben hatte, ganz stoppte (2011). Das insgesamt 50 Kilometer lange Netz hätte auch den Osten und Süden der City Nord erschlossen.

Bild: Visualisierung der Stadtbahn am Überseering-Ost. © HOCHBAHN

Masterplan City Nord

2011

Der Masterplan City Nord zeigt konkrete Ideen für die Weiterentwicklung der Bürostadt auf. Im Mittelpunkt steht dabei die Entwicklung der „Mitte“, die sich in ihrer baulichen Struktur deutlich von der übrigen Solitärarchitektur der City Nord unterscheidet. Seiner eigentlichen Funktion als Nahversorgungszentrum konnte das Zentrum nie wirklich gerecht werden. Der Masterplan zielt daher auf eine Stärkung der Mitte ab und beschreibt drei Varianten, die von einer schrittweisen Umgestaltung bis hin zu einer kompletten Neubebauung reichen. Darüber hinaus zeigt der Masterplan in Bereichen im Norden sowie im Osten der City Nord Möglichkeiten für eine Neu- bzw. Wohnbebauung auf. In anderen Bereichen, insbesondere im Westen der City Nord, soll dagegen die großmaßstäbliche Bürofunktion gesichert werden. Auftragnehmer für die Erarbeitung des Masterplans ist das Stadtplanungsbüro ELBBERG Stadt - Planung - Gestaltung.

Bild: Der Masterplan City Nord. © Bezirksamt Hamburg-Nord

Spitzenplatz mit geringster Leerstandsquote

2012

Die City Nord leidet seit Jahren unter dem Ruf, dass in der Bürostadt viele Flächen leer stehen. Die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Seit 2003 hat die City Nord die 10-Prozent-Marke nicht mehr überschritten. Im Jahr 2011 stehen nur noch 1,5 Prozent der Büroflächen in der City Nord leer. Im Jahr 2012 beträgt die Leerstandsquote sogar nur noch ein Prozent. Seitdem hat die City Nord zu keinem Zeitpunkt mehr eine Leerstandsquote von über fünf Prozent verzeichnet, liegt damit weit unter dem Hamburger Durchschnitt und nimmt seitdem kontinuierlich einen Spitzenplatz im Hamburger Immobilienspiegel ein.

Bild: Statistik Leerstand in der City Nord. Quelle: Grossmann & Berger, GIG City Nord GmbH

City Nord wird Denkmal

2013

Seit dem 5. April 2013 ist es amtlich - mit Inkrafttreten des neuen Denkmalschutzgesetzes nach dem „ipsa lege“-Prinzip („normative Unterschutzstellung“: ein Objekt kann ohne fachliches Verfahren automatisch zum Denkmal erklärt werden) ist die City Nord ein Denkmal. Als konstituierende Elemente gelten zunächst folgende Gebäude: Allianz-Haus (ehemals ESSO), Arne-Jacobsen-Haus, EDEKA-Zentrale, Haus der Wirtschaft, my4walls am Kapstadtring 1 (ehemals Claudius Peters AG), Tchibo mit dem ehemaligen IBM-Haus, ERGO mit dem ehemaligen Shell-Haus. In den folgenden Jahren werden weitere Gebäude unter Schutz gestellt. Darüber hinaus stehen die Straßen, die Fußgängerbrücken und der City Nord Park unter Denkmalschutz. Insgesamt steht die City Nord unter Ensembleschutz.

Bild: Auch die Fußgängerbrücken stehen unter Denkmalschutz. © Sylvia Soggia

Auszeichnung für Vattenfall-Haus

2013

Das ehemalige HEW-Haus wurde in einer Zeit errichtet, in der die Technisierung von Gebäuden im Vordergrund stand und der Energieverbrauch keine große Rolle spielte. Vor diesem Hintergrund ist es nicht selbstverständlich, dass ein vollklimatisiertes Verwaltungsgebäude aus den 1960er Jahren als Vorzeigeobjekt für nachhaltiges und umweltschonendes Wirtschaften gilt. Mit Platin erhielt Vattenfall am 11. Dezember 2013 die höchste Auszeichnung, die ein Gebäude in der LEED-Systemvariante LEED for Existing Buildings – Operation and Maintenance (übersetzt: LEED für bestehende Gebäude - Betrieb und Nachhaltigkeit) erhalten kann. Das Gebäude ist das erste in Hamburg und erst das vierte bundesweit, das diese Zertifizierung erhält. Das Bewertungsverfahren umfasst alle Aspekte des Gebäudebetriebs.

Bild: Das Vattenfall-Haus wird mit LEED Platinum ausgezeichnet. © GIG City Nord GmbH

Ein Hotel wird gebaut

2014

Der Bebauungsplan „Winterhude 39“, der das Grundstück Überseering 2, auf dem sich die ehemalige BP-Zentrale befand, aus dem B-Plan „Winterhude 7“ herauslöst, ermöglicht eine neue und verdichtete Nutzung auf diesem Areal. 2014 beginnt der Abriss der BP-Hauptverwaltung. Die Planung, das 2013 unter Denkmalschutz gestellte Gebäude in seinen Grundzügen zu erhalten, wird nicht umgesetzt. Das Grundstück wird geteilt und beherbergt die neue Hauptverwaltung der Deutschen Telekom am Überseering 2 (Eröffnung 2016) und das neue 4-Sterne-Hotel Holiday Inn am Kapstadtring 2a (Eröffnung 2017).

Bild: Das Holiday Inn (links) und die Zentrale der Deutschen Telekom (rechts). © Sylvia Soggia

Die erste neue Wohnbebauung

2016

Erstmals wird in der City Nord an einem Solitärstandort eine Wohnbebauung ermöglicht. Das ehemalige Gebäude der Oberpostdirektion, im Volksmund auch „Postpyramide“ oder „Affenfelsen“ genannt, stand seit 2006 weitgehend leer. Der Sanierungsstau war groß, eine Neuvermietung konnte trotz vielfältiger Bemühungen von Eigentümern und Maklern nicht realisiert werden. Für das Gebiet wurde der neue Bebauungsplan Winterhude 71 aufgestellt, der das Grundstück Überseering 30 aus dem B-Plan Winterhude 7 herausnimmt. 2017 wird mit dem Abriss der Postpyramide begonnen. In den Folgejahren entstehen auf dem Areal Wohnungen mit einer Gesamtfläche von 48.000 Quadratmetern und rund 18.000 Quadratmeter Gewerbeflächen. Das Gesamtbild entspricht dem Solitärcharakter der City Nord.

Bild: Visualisierung der Wohnbebauung am Überseering 30. © KBNK Architekten / Bloom Images

Bau der U5

2022

Die Anbindung der City Nord auch im Südwesten an das Schienennetz wurde bereits in den 1970er Jahren versprochen. Nun realisiert die Stadt Hamburg den Bau einer neuen U-Bahn-Linie, der U5. Die Trasse der U5 folgt teilweise den alten Planungen der U4 aus den 1970er Jahren. Die U4 selbst wurde inzwischen an anderer Stelle in der HafenCity realisiert. Die U5 wird im 1. Bauabschnitt die Stadtteile Bramfeld, Steilshoop und Barmbek-Nord verbinden, im weiteren Verlauf Umsteigemöglichkeiten an den Haltestellen Rübenkamp und Sengelmannstraße bieten und schließlich über die westliche City Nord auch den Stadtpark erreichen. Geplant sind sechs Haltestellen: Bramfeld, Steilshoop, Barmbek-Nord, Sengelmannstraße, City Nord (Stadtpark) und Borgweg. Mit einem feierlichen Spatenstich begannen am 30.9.2022 die Bauarbeiten. 

Bild: Visualisierung der Haltestelle City Nord (Stadtpark). © HOCHBAHN